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„Ich habe einen Traum!“, so der Leitspruch des Ötztaler Radmarathons. 238 KM, 5.500 Höhenmeter durchs Hochgebirge der Ötztaler Gletscherlandschaft. Legendär für jeden Radsportler und sogleich Alptraum für so machen Starter des Ötztaler Radmarathons. Nach meinem Erstversuch 2016, galt es für mich Fehler aus dem Vorjahr zu vermeiden, insbesondere am letzten Anstiege dem Timmelsjoch (2.509m) nicht wieder zu platzen. Der Wettkampf beginnt eigentlich schon Tage zuvor in Hamburg. Ernährungsstrategie, an welchem Anstieg wie schnell fahren, wo kann ich Körner sparen, wie wird das Wetter, was ziehe ich an, was nehme ich mit, wie optimiere ich meine Standzeiten an den Verpflegungen?

Wir stehen mit sieben Freunden und Teamkollegen um 06:00 Uhr morgens mit weiteren 4.300 Startern in der Morgendämmerung im Skirort Sölden. Die erste Hürde, den Kühtaisattel (2.017m), fahre ich mit meinen Trainingskumpels Jens und Roger im Energiesparmodus. Wir bremsen uns gegenseitig und mäßigen uns das Tempo zu erhöhen. Keine Attacken, keine Löcher zu fahren. Immer wieder der Blick auf die Zahlen, wie liegen wir in der Zeit? Alle 30 min. Essen – vorzugsweise eine klebrige Masse in Form von Gels, um nicht den Magen zu überfordern. Des Weiteren stehen Salztabletten, Koffein und Wasser in rauen Mengen auf dem Speiseplan.
Abfahrt nach Innsbruck. Augen nach vorne und kein Gedanke daran was bei einer Abfahrt mit 107 KM/h passieren könnte. Den Kopf einfach ausschalten. Alles läuft nach Plan. Eine große Gruppe hinauf zum Brenner (1.300m) – perfekt. Verpflegung im Pitstoptempo – Pinkeln, Flaschen auffüllen und Gels nachladen in unter einer Minute. Leider kommt mir allerdings Jens dabei abhanden. Weiter geht es hinunter nach Sterzing. Ab hier fängt das eigentliche Rennen an. Was jetzt kommt tut weh. Der Energiesparmodus ist vorüber. Der Jaufenpaß (2.098m) ist normalerweise keine echte Hürde, aber nach 140 KM wird der Anstieg zur Herausforderung. Ich fühle mich noch gut, das Kräftesparen zahlt sich jetzt aus und ich kann die Intensität etwas erhöhen. Die Verpflegung oben am Gipfel lasse ich aus. Ich liege super in der Zeit, jetzt nur nicht wieder am Timmelsjoch platzen. Glücklicherweise ziehen Wolken auf, die Temperatur bleibt deutlich unter 30 Grad. Ich finde im unteren Teil meinen Rhythmus und kann meine Beine überzeugen weiterhin Druck aufs Pedal zu bringen. Irgendwo hatte ich im Vorwege gelesen, dass man nach 5,5 KM des letzten Anstiegs eine „All-Out“ Strategie fahren kann. Das hatte ich dann auch genauso gemacht, lief auch ganz prima, leider war dann nur ziemlich schnell alles „out“. Problem hierbei: ich war noch nicht oben, nicht mal ansatzweise. Der obere Teil wurde dann auch zur echten Plackerei. Ein Plakat mit der Aufschrift: „Ausgeträumt?“ in einer der letzten Kehren, danke Ihr Zyniker, nein, nicht ausgeträumt! Ich fahre tranceartig mit gefühlten 5 KM/h die letzten Kilometer des insgesamt 29 Kilometer langen Anstiegs, in dem nicht weniger als 1.821m am Stück zu überwinden sind. Der Gipfel wird durch einen Tunnel entschärft, dann geht es herunter, ein kurzer Gegenanstieg und dann der ersehnte Anblick der Mautstation. Es ist vollbracht, ich bin oben. Eine rasante Abfahrt. Ich kämpfe mit meinen Emotionen, will konzentriert bleiben. Im Ziel brechen dann die Dämme – ein herrliches Gefühl! Glück und Erschöpfung übernehmen die Kontrolle über meinen Körper. Ich bin zufrieden, habe mein Ziel unter 9h mit Fahrzeit von 8:36h deutlich übererfüllt.

Vielen Dank an meine Familie, die mir die Vorbereitung auf dieses einmalige Erlebnis ermöglicht hat. Danke auch an die Trainingskollegen und unser#TeamCyclefix

 

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